Unglaublich Entdecke die Geheimnisse des Islams
Erzählen verschwiegene Orden und rätselhafte Geheimreligionen eine andere Geschichte des Islam? Zwischen dem Irak, Ägypten und Israel spürt der Orientalist Daniel Gerlach alte Mythen und lebendige Kulte auf, die viele Überraschungen bergen.
Jerusalem ist die Hauptstadt der monotheistischen Religionen. Nirgendwo auf der Welt wird deutlicher, wie die Überlieferung der abrahamitischen Religionen ineinander verwoben ist. Das gilt auch für den Koran, der jüdisches und christliches Erbe verarbeitet, dabei aber den Anspruch auf die endgültige Deutung erhebt, sozusagen „als letztes Update des Betriebssystems“, wie der Orientalist Daniel Gerlach sagt.
Petra, die prächtige jordanische Felsenstadt der Nabatäer, ist eines der eindrucksvollsten Zeugnisse antiker Zivilisation. In Begleitung einer jordanischen Prinzessin erkundet Gerlach die atemberaubenden Ruinen, die das Narrativ widerlegen, dass die Araber vor der Ankunft des Islam nur Beduinen gewesen seien. Tatsächlich waren sie bereits Schöpfer hochkomplexer, städtischer Zivilisation.
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Im Irak folgt der Orientalist den Spuren eines schiitischen Erlösers, der irgendwann spurlos verschwunden ist, und findet sich in einer Pilgerstadt am Euphrat wieder, die mit bis zu 18 Millionen Pilgern jährlich die wohl größte Menschenansammlung der Welt beherbergt. Das Verlangen vieler Schiiten, den Glauben unmittelbar zu erleben und Gott direkt zu begegnen, führt ihn weiter zu den Sufis nach Ägypten. Dort mitten in der Wüste begehen Gläubige alljährlich ein mehrtägiges religiöses Fest mit geheimnisvollen, alten Ritualen. Mystik findet man auch bei der Gemeinschaft der Drusen, einer weiteren „Geheimreligion“, die wenig von ihrem Glauben preisgibt. Nur so viel: Sie glauben an die Seelenwanderung.
Auf seiner Reise bekommt Gerlach das wohl kostbarste Koran-Manuskript der Welt in die Hände und begegnet einer schwarzen Schlange, die im Alten Orient als magisches Symbol für Macht und Geborgenheit steht. Er trifft einen jesidischen Prinzen, dessen Volk ihren Glauben ohne heilige Schrift über die Jahrhunderte getragen hat. Dabei erfährt er auch, mit welchen erstaunlichen Mitteln in der Region um Einfluss gerungen wird, und wie Minderheiten immer wieder zum Spielball internationaler Mächte wurden.
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Die Einzelnen Propheten In: Die Glaubenslehren Des Islam
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Verschleierte Frauen und der Harem, zu denen Fremde keinen Zutritt hatten: Das christliche Europa hat die muslimische Welt lange als geheimnisvoll wahrgenommen. Tatsächlich hat der Schutz des Privaten im Islam einen sehr hohen Stellenwert.
Überirdisch und überaus irdisch – Glaube prägt ganze Gesellschaften. In „Religionen“ erfahren Sie Hintergründiges aus verschiedensten Glaubensgebäuden. Verantwortung und Mitmenschlichkeit oder Machtanspruch und Krieg: jeden Sonntag beschäftigt sich diese Sendung damit, was Religionen mit Menschen und was Menschen mit Religionen machen.
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Julia Ley: Jede Religion hat ihre Geheimnisse. Eines der interessantesten im Islam sind die sogenannten „abgetrennten Buchstaben“. Das sind einzelne arabische Buchstaben, also zum Beispiel Alif-Lam-Mim (A, L, M), die am Anfang von insgesamt 29 Suren oder Kapiteln im Koran stehen.
Bis heute ist nicht abschließend geklärt, warum diese Buchstaben da stehen. Serdar Kurnaz ist seit Januar 2020 Professor für Islamisches Recht in Geschichte und Gegenwart am Institut für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Herr Kurnaz, welche Theorien gibt es denn?
Serdar Kurnaz: Es ist eine umstrittene Frage innerhalb der muslimischen Tradition, wie man mit diesen Koranversen umzugehen hat. Denn tatsächlich sind es einzelne Buchstaben, wie wenn wir im Deutschen sagen würden: A, B, C. Diese Kombination „ABC“ würde ja keinen Sinn ergeben und so hört sich das auch im Arabischen an. Entsprechend hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie man sie deuten kann.
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Es gibt eine Denktradition, die versucht, sie so zu deuten: Jeder Buchstabe ist wie eine Chiffre, sie muss entschlüsselt werden. Entsprechend denken manche zum Beispiel, dass Alif für Gott steht, also Allah im Arabischen, das Lam für Gabriel, der die Offenbarung dem Propheten Mohammed überbracht hat, und Mim wäre dann der Prophet Mohammed selbst.
Nun haben wir aber auch andere Passagen im Koran, die gar nicht diese Buchstabenkombination haben, sondern da steht zum Beispiel Alif, Lam, Ra, Ha und Mim. Da werden dann entsprechend andere Auslegungsversuche vorgenommen.
Auf der anderen Seite gibt es dann in der Tradition der islamischen Mystik Menschen, die sagen, man kann die Bedeutung dieser Koranverse nur erschließen, wenn man die Seele läutert und sich komplett auf den Koran einlässt. Und dann wird einem die Bedeutung offenbart, also von Gott, im Sinne von einer Eingebung, also kein endgültiges Verständnis dieser Passage, sondern eher eine persönliche Erfahrung, wie man mit diesen Koranversen umgehen kann.
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Und dann gibt es noch eine weitere Herangehensweise, die man sowohl in den modernen Koran-wissenschaftlichen Werken sehen kann als auch in der klassischen Tradition, die besagt: Das sind Buchstaben, die schon die vorislamischen Araber verwendet haben. Also ist es eine Methode, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wie wir heute sagen würden: „Leute, hört mir zu.“
Eine weitere Theorie geht teilweise auch auf moderne Studien zurück, es gibt sie aber auch teilweise in klassischen Quellen. Ich beziehe mich hier insbesondere auf den Berner Islamwissenschaftler Reinhard Schulze. Der sagt, dass diese Buchstaben quasi eine bestimmte Kombination sind, und dass das ein Schlüssel dafür ist, dass bestimmte Themen in einer Sure aufgearbeitet werden.
All das, was ich Ihnen dargestellt habe, ist aber reine Spekulation, weil wir nicht endgültig wissen, wie sie zu deuten sind. Da bleibt auch die Forschung dazu immer noch spannend, immer noch ein Mysterium.
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Ley: Wechseln wir mal etwas die Perspektive, aus der Innenperspektive heraus in die Außenperspektive. Denn zumindest für die Westeuropäer war ja die muslimische Welt insgesamt lange sehr geheimnisvoll. Das hatte oft auch exotisierende, orientalisierende Züge: die Frau hinter dem Schleier, der Harem als Teil des Hauses, zu dem fremde Männer keinen Zutritt hatten. Das hat alles Begehrlichkeiten geweckt. Man wollte im sprichwörtlichen Sinne den Schleier lüften. Aber waren das alles nur exotisierende Fantasien? Oder haben Muslime vielleicht auch wirklich ein anderes Verständnis von öffentlichem und privatem Raum? Haben sie das strikter getrennt als christliche Europäer?
Kurnaz: Tatsächlich muss man sagen, dass, wenn man in die muslimische Geschichte zurückblickt, der private Raum besonders geschützt wird. Wenn wir privater Raum sagen, dann ist das meistens wirklich ein abgeschlossener Raum, zu dem man Zutritt gewähren muss. Man hat sogar das Private so verstanden, dass bestimmte Körperteile zu bedecken sind, also auch als Raum des Privaten galten, als Grenzen, die man nicht übertreten darf.
Entsprechend geht die muslimische Tradition tatsächlich relativ stark damit um, den Schutz des Privaten zu gewährleisten. Das kann historische Gründe haben, altarabische Vorstellungen, die dann über die Jahrhunderte hinweg rezipiert worden sind.
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Der Koran selbst ist diesbezüglich sehr vage, weshalb auch der Umgang mit dem Privaten von Kultur zu Kultur, von Ort zu Ort und Region zu Region tatsächlich wandelbar ist. Aber man kann sehen, dass kulturübergreifend in der muslimischen Tradition das Private streng geschützt wird und man sich in die privaten Angelegenheiten anderer nicht einzumischen hat, das Private einen hohen Wert genossen hat, in Abgrenzung zum Öffentlichen.
Wo aber die Grenzen sind, und ob diese nicht immer neu ausgehandelt werden können, ist natürlich eine Frage, die jedes Jahrhundert oder je nach Zeit noch mal neu ausdiskutiert werden muss.
Kurnaz: Privat ist tatsächlich all das, was einer Person gehört, inklusive der eigene private Raum und auch der Schambereich der jeweiligen Person, den man nicht einfach so übertreten darf. Das spielt zum Beispiel auch beim Händeschütteln eine Rolle. Auch das ist mein privater Bereich. Das ist nicht selbstverständlich, dass ich meinen Körper zur Verfügung stelle, um einen Gruß auszuführen.
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Auf das Kopftuch blicken wir heute wie auf ein Repressionsmittel. Doch in der muslimischen Tradition war es ursprünglich genau anders herum gedacht: Da ist es quasi zum Schutz des privaten Bereichs der Frau verstanden worden. Wenn sie sich zum Beispiel nicht mehr zu Hause befindet, dass sie dann immer noch ihre körperliche Unversehrtheit und ihre Integrität wahren kann. Und dann auch das Haus verlassen kann. Das gilt übrigens auch gleichermaßen für die Männer. Aber bei den Männern ist es in unserer Wahrnehmung so, dass ihnen weniger Vorschriften gemacht werden, was die Verhüllung der Schambereiche anbelangt.
Kurnaz: Nein. Beide müssen das Private schützen. Nur denken wir meistens, dass die Frauen noch stärker das Private schützen
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